Und hier kommt mein Beitrag zu der Writing Excuses Masterclass Woche vier! Eigentlich habe ich die Aufgabe schon längstens erledigt, aber ich bin erst heute dazu gekommen, sie mit euch zu teilen.
Woche 4: Q&A on Ideas
→ Nimm eine deiner Ideen und lasse fünf verschiedene Charakteren für die Hauptbesetzung vorsprechen. Diese fünf sollen sich möglichst unterscheiden.
Ich habe mich für „Hack the Planet“ entschieden und werde man sehen, wen ich da alles in die Hauptrolle setzen könnte.
1. Lionel – Ursprungsidee
Ein junger Mann betritt den Raum. Ein ungeschultes Auge hätte ihn vielleicht knapp auf die 20ig geschätzt, irgendetwas an ihm schreit aber geradezu danach, dass er älter ist. Das verwuschelte, schwarze Haar klebt an seiner Stirn, vermutlich durch Überreste von Gel oder Wachs. Auch sonst macht er den Eindruck, als stolpere er gerade nach einer durchzechten Nacht aus dem Schlafzimmer.
»Hallo Lionel. Erzähl mir vor dir.«
Er sieht nicht gerade danach aus, als wäre er einer, der gerne über sich selbst spricht. Oder überhaupt mit anderen Leuten.
»Da gibt’s nicht viel. Ich stamme aus Biel, in der Schweiz. Scheißstadt, aber man sucht sich das ja nicht aus. Meine Eltern starben als ich… keine Ahnung… dreizehn war, oder so. Drogen und Alkohol.« Er hebt unbeteiligt die Schultern. »Seit da schlage ich mich halt so durch.«
»Wie das?«
»Mit Computern konnte ich schon immer. Es macht da halt einfach alles Sinn, verstehst du? Ist alles ziemlich linear und vorhersehbar. Das macht es einfach. Meine Meinung. Weiss nicht, was andere Leute daran so komplex finden.«
»Und zukünftig? Was ist dein Ziel?«
»Mein Ziel?« Er schnaubt. »Keine Ahnung. Noch ein paar Jährchen leben, denke ich. Bevor alles so oder so den Bach runter geht.«
»Und daran was ändern willst du nicht?«
»Was sollte ich daran ändern können? Das sind die Konzerne und Politiker, die alle Fäden in den Händen halten. Sie haben den Schlamassel angerichtet, sie sollen es ausbaden. Auch wenn sie das nicht tun werden …«
2. Mikolaj – ein Mittvierziger mit polnischen Wurzeln
Diesmal betritt ein Mann den Raum, den niemand jünger einschätzen würde, als er ist. Im Gegenteil. Seine Gesichtszüge lassen ihn um Jahre älter aussehen. Seine Haltung ist aufrecht und er strömt eine gewisse Autorität aus.
»Hallo Mikolaj. Erzähl mir etwas über dich.«
Er nickt höflich, wenn auch etwas steif.
»Ich bin in London aufgewachsen. Meine Mutter war eine polnische Ingenieurin, die wegen dem Job nach England ging. Da hat sie meinen Vater kennen gelernt. Die beiden trennten sich jedoch, kaum war sie schwanger. Es ging uns immer ganz okay. Ich schlug eine Karriere als Polizist ein. Der Zahltag ist ganz okay und ich komme in der Stadt herum, hab ich mir gesagt.«
»Du arbeitest aber nicht mehr bei der Polizei, oder?«
Mikolaj seufzt und seine neutrale Fassade bröckelt etwas.
»Nein. Ich wurde dispensiert.«
»Warum?«
»Ich war bei den Cyber-Jungs tätig. Digitale Forensik, Überwachung von Verdächtigen, Analyse von Big Data und so weiter. Ich hab mich da etwas tief in einen Fall gegraben, von dem mein Boss mir sagte, dass ich die Finger lassen soll. Damit hab ich belastende Beweise gegen einen Konzernchef gefunden, der offenbar die eine oder andere Neuanschaffung der Polizei »sponsort«. Mein Boss war nicht gerade glücklich.«
»Und jetzt?«
»Jetzt schlage ich mich so durch. Als Türsteher zum Beispiel. Vor allem aber durch kleinere Aufträge, die über das Netz an mich herangetragen werden. Ganz ehrlich … nicht alles davon ist legal.«
»Was ist mir der Zukunft der Welt? Kümmert dich das?«
»Ob mich das kümmert? Natürlich! Wen nicht? Aber machen kann man da eh nichts. Ich hab einmal mein Leben versaut, indem ich mich mit den Konzernen angelegt habe. Davon lasse ich zukünftig die Finger.«
3. Ashanti – Südafrikanische Sicherheitsspezialistin gone wild
Eine hochgewachsene dunkelhäutige Frau – vermutlich etwas über die 30 – betritt den Raum. Sie kaut Kaugummi und nur schon die Art, wie sie sich auf den Stuhl setzt, strotzt vor Rebellion. Mehrere Piercings zieren ihr Gesicht, lenken aber nur bedingt von den feuerroten Strähnen in ihrem sonst dunklen Haar ab.
»Hallo Ashanti. Erzähl mir doch was von dir.«
»`Kay. Ich stamme aus Johannesburg. Hatte eine ganz anständige Ausbildung, weil Mama und Papa die Mittel dazu hatten. War ein kluges Kerlchen und es gab zwei Dinge, die ich echt drauf hatte. Business und Computer. Also hab ich mit meinem Bruder eine eigene Firma aufgebaut. Es dauerte nicht lange und wir waren nicht übel aufgestellt auf dem Sicherheitsmarkt. Mein Bruder kümmerte sich um den physischen Kram, Alarmanlagen, Schließsysteme und so weiter. Ich war zuständig für die Software. Krypto, Firewalls all das Zeug.«
»Was ist passiert?«
»Was passiert ist? Die Arschlöcher haben meinen Bruder erschossen, das ist passiert. Aus offener Straße. Niemand will was gesehen haben, aber das hat mich nicht daran gehindert herauszufinden, wer dahinter steckt. Eine Konkurrenzfirma war’s. Kannst du dir das vorstellen? Tja ….« Selbstsicher legt sie die Füße auf den Tisch. »Sie haben es bereut. Ein Monat Arbeit und ich hab ihre ganze Infrastruktur niedergerissen, Keys ausgeplaudert, Kundendaten veröffentlicht. Sie konnten einpacken.«
»Hier steht, du warst im Gefängnis. Deswegen?«
Sie hebt die Schultern.
»Hab nicht versucht, ein grosses Geheimnis daraus zu machen. Ich sass sieben Jahre.«
»Was jetzt? Zurück zur Firma?«
»Ha! Auf keinen Fall. Damals war ich ein braves Mädchen, weißt du. Inzwischen ist das eine oder andere passiert. Mama und Papa wollen mich nicht mehr sehen und meine Reputation ist am Arsch. Mal sehen, wo ich was finde, ohne auf der Straße zu landen.«
»Was ist mit der Allgemeinsituation? Um die Welt steht es nicht gerade gut.«
»Ach ja? Was geht mich das an? Um mich steht es auch nicht gerade gut und mir hilft auch keiner. Soll die Welt sich selber um ihre Probleme kümmern.«
4. Poul – Färöisches Wunderkind
Ein Junge von vielleicht zehn Jahren betritt den Raum. Seine blonden, beinahe weißen Haare sind sorgsam nach hinten gekämmt und eine markante Brille sitzt auf seiner Nase.
»Hallo Poul. Erzählst du mir etwas von dir?«
Der Junge nickt scheu, überlegt einen Moment, dann beginnt er:
»Mein Name ist Poul Poulsen. Ich stamme von den Färöer Inseln, ging aber auf eine Spezialschule für Hochbegabte in Dänemark.«
Er scheint zuerst weiterreden zu wollen, schließt dann aber den Mund und blickt etwas fragend drein.
»Das war’s schon?«
»Eigentlich schon.«
»Hast du Hobbys?«
»Ich lese gerne. Und spiele Schach. Und ich programmiere kleine Roboter.«
»Ich habe gehört, dass du ab und zu Ärger hast mit der Schulleitung.«
Er wird etwas rot, zuckt dann aber mit den Schultern.
»Die IT-Systeme der Schule sind sehr schlecht. Ich weise sie nur auf Sicherheitslücken hin.«
»Schaust du Nachrichten, Poul? Weißt du, was mit der Welt geschieht momentan?«
Poul blinzelt einige Male, bevor er antwortet.
»Nichts anderes als in den letzten Jahren, oder? Die Neuigkeiten sind immer die gleichen.«
»Und möchtest du etwas dagegen unternehmen?«
»Gegen was?«
»Gegen die Sachen, die falsch laufen.«
Nun weiten sich seine Augen.
»Man kann da was ändern?«
5. Beniko – Cyber-Hitman eines Großkonzerns
Eine Japanerin um die 35 betritt den Raum. Sie trägt einen makellosen Anzug, High Heels und die Haare sind streng nach hinten frisiert. Ihre Züge sind neutral, aber ab und zu blitzt ein verräterisches Lächeln um ihre Mundwinkel auf, das vermuten lässt, dass mehr hinter der professionellen Fassade steckt.
»Beniko, bitte erzählen Sie etwas von sich.
»Mein Vater ist Hiroko Kobayashi, Eigentümer von Kobayashi Industries. Wir arbeiten auf dem Gebiet der Gentechnik.
»Ein grosses Gebiet zurzeit. Ich bin mir sicher, die Konkurrenz schläft nicht?«
Das Lächeln erscheint.
»Die Kritiker auch nicht.«
»Sie arbeiten für Ihren Vater, nicht wahr? Was genau ist Ihr Job in der Firma?«
Nun reckt sie das Kinn und das Lächeln verschwindet.
»Ich sorge dafür dass die Stimmen verstummen, die unserer Firma schaden können.«
»Sie sind eine Assassine?«
Nun lacht sie hell auf.
»Nicht doch. Ich töte niemanden. Ich bringe sie virtuell zum Verstummen. Jemandem die digitale Identität zu stehlen genügt heute in den meisten Fällen bereits. Nicht dass das ganz so einfach wäre, wie es sich anhört.«
»Legal ist das aber nicht?«
Diese Frage beantwortet sie nur mit einer skeptisch hochgezogenen Augenbraue.
»Ich habe gehört, dass ihre Firma mit eher anrüchigen Partnern verhandelt. Die Yakuza, um nur einen davon zu nennen.«
Nun wird ihr Gesichtsausdruck eiskalt.
»Gerüchte, nichts weiter«, zischt sie.
»Was, wenn sich diese Gerüchte bewahrheiten? Wäre es nicht genau Ihr Job, deren Verbreitung zu unterbinden? Was würde ihr Vater dazu sagen?«
Fazit Woche 4:
Diese Aufgabe war fantastisch! Wenn man gezwungen ist, sich mal ganz unterschiedliche Leute für ein und die selbe Rolle zu überlegen, ergeben sich da komplett neue Ideen. Und jede von ihnen hat ihren Reiz, finde ich. Auch wenn ich noch nicht weiss, wen ich am liebsten mag, so finde ich Lionel inzwischen auf jeden Fall den Langweiligsten von allen. Poul werde ich wohl nicht nehmen, da ich mir nicht zutraue aus der Perspektive eines „Wunderkindes“ zu schreiben. Mikolaj und Beniko sind glaube ich meine Favoriten.
Nun meine Fragen an euch: Mit welchem Charakter als Hauptrolle würdet ihr diese Geschichte am liebten lesen? Von welchem soll ich lieber die Finger lassen?
[…] Wieder mal geht es um die berüchtigten Versprechen an den Leser. So ganz sicher, ob ich es auch richtig getroffen habe, weiss ich immer noch nicht, aber hier kommen meine Versprechen für “Hacking the Planet” mit dem Protagonisten Mikolaj: […]
[…] ihr vielleicht bemerkt habt, bleibe ich inzwischen bei meiner Idee von “Hacking the Planet” und dem Protagonisten Mikolaj. Ich möchte das Projekt wirklich umsetzen, also macht es wohl am meisten Sinn, das jetzt in der […]
Also ich finde Ashanti richtig geil. Ich mag solche Charaktere gerne. Mikolaj hat aber auch was. Ich würde mir aber auch nicht zutrauen über ein Wunderkind zu schreiben. Nichtsdestotrotz ist diese Truppe perfekt für die Story. Wäre sicher interessant zu sehen, was die fünf alles reißen können. 😀
Ich liebe es meine Charaktere auszufragen. Ich habe damals ganze Fragebögen erstellt. 😀
Mach weiter so. Bin gespannt was weiter daraus wird.
LG Anki
Du hast es genau richtig formuliert: „Wäre sicher interessant zu sehen, was die fünf alles reißen können.“ Falls ich die Idee umsetze, denke ich wirklich, dass ich alle von ihnen mit aufnehme und eine Rolle spielen lassen werde. Ein bunte Truppe wären sie auf jeden Fall. 😀
Ich war bisher gar kein Freund von Fragebögen oder ähnlichem bezüglich meinen Charakteren. Aber diese Aufgabe hat mir wirklich die Augen geöffnet, wie viel mehr man schon von Anfang an aus seinen Figuren rausholen kann!
Lieber Gruss,
Carmen