Logbucheintrag – 18./19.07.2015
Fähre Aalborg – Thorshavn
Nachdem ich von Admiral Juel überzeugt worden war, den Seeweg zu den Färöern zu nehmen, bestieg ich also einen Flug nach Aalborg, von wo aus eine Fähre startete. Das Flugzeug war eine kleine Propellermaschine, die auch wirklich kein Luftloch ausließ, das auch nur annähernd auf dem Weg lag. Und dann ging es auch schon auf die Fähre MS Norröna (färöisch „nordisch“), ein Monster von einem Schiff.
Gebaut wie ein gigantischer Container, Platz für 800 Autos und fast 1500 Passagiere. Ein Gefährt, das jedem Wetter ohne zu blinzeln trotzen kann.
Sollte man denken.
In Wahrheit schien es mir, als würde der Klotz jede kleinste Welle vervielfachen und uns auf einen nicht endenden Achterbahntrip schicken.
Als ich meine Kabine zum ersten Mal betrat, freute ich mich über den Ausblick. Ganz zuvorderst auf dem obersten Stock logierte ich, mit dem Blick direkt auf die Nase des Schiffes! Erst gegen 18:00 Uhr, als das Wetter rauer wurde, bemerkte ich, dass meine Freude verfrüht war. Wenn es eine Stelle gab auf diesem Schiff, die die Natur mit voller Wucht abbekam, so war es meine Kabine. Die Livemusik und Happy Hour konnte ich mir abschminken, es war mir schafselend. Stattdessen röhrte ich mit meinem Kajütenkameraden um die Wette. Ein kleiner Trost bot einzige die Aussage der Crew dass das Wetter für eine Sommerüberfahrt „quite rough“ war. Schöne Überfahrt my ass, geschätzter Admiral! Den Rückweg trete ich mit Sicherheit mit dem Flugzeug an.
Nach einer unruhigen Nacht, während der bei jeder Welle die Wände zitterten, dass ich mir vorkam wie auf der Titanic, und wo die Gischt bis in den achten Stock an das Fenster klatschte, erwachte ich übermüdet, jedoch mit beruhigtem Magen.
Nun konnte ich auch den Anblick genießen. Meer, soweit das Auge reicht. Nur beim Passieren der Shetland Inseln kriegte ich etwas Land vor die Nase, danach waren wir wieder allein auf weiter See. Dann kurz vor dem Abendessen, als ich mir gerade eine Flasche färöisches Bier gönnte, tauchte in einiger Entfernung ein Schwarm Delfine auf. Oder kleine Wale. So ganz genau kenne ich mit diesen Meeressäugern nicht aus und sie kamen nicht nah genug, um guten Tag zu sagen. Und dann fuhren wir in den färöischen Archipel ein. Langsam zeichneten sich die Inseln am Horizont ab, während sie Sonne tiefer und tiefer sank. Schemenhafte Hügel inmitten des Meeres, beinahe bedrohlich düster vor der Wolkenwand.
Zugegeben, die Aufregung der anderen Passagiere schlug schnell auf mich über. Koffern wurden gepackt und die Leute drängten langsam an Deck, verzogen sich ins Innere an die Wärme und guckten wieder nach draußen. Der eisige Wind zerrte an meinem Fell und auch ich kuschelte mich irgendwann an die Schiffswand, um diesen Bericht zu beginnen.
An dieser Stelle vielleicht ein kurzer geographischer Abriss.
Die Färöerinseln befinden sich im Nordatlantik irgendwo zwischen Schottland und Island, wohin diese Fähre dann auch weiterfahren wird. Die Legende erzählt von einem Riesen und einer Hexe (Risin og Kellingin), die ausgesandt wurden, um die Färöer zu Island herüberzuziehen. Jedoch kriegten sie die Inseln keinen Zentimeter von ihrem Fleck. Als die Sonne dann aufging und auf die beiden hinunterschien, verwandelten sie sich zu Stein und sind so noch heute vor der Küste von Eysturoy zu sehen.
Immer näher kamen die Inseln und auf einmal kam ich mir unsäglich klein vor zwischen all den steil abfallenden Klippen. Und dennoch konnte ich mich der puren Schönheit dieser kargen Natur nicht erwehren. Dann fuhren wir auch schon in Thorshavn, der Hauptstadt der Färöerm ein. Mit gut 12’000 Einwohnern ist dies zwar nicht die kleinste Hauptstadt der Welt, den Bewohnern gefällt es jedoch, sich selbst so zu bezeichnen. Dies oder dann aber „Der Nabel der Welt“, wie es der färöische Schriftsteller William Heinesen einst beschrieb.
Beeindruckt wurde ich dann auch von der Manövrierfähigkeit des Monsters, welches wir ritten, als es immer noch mit Volldampf in das Hafenbecken einfuhr, sich dann an Ort und Stelle drehte und schließlich passgenau rückwärts ans Dock parkte.
Im kleinen aber feinen Hotel angekommen, blickte ich zum ersten Mal wirklich auf die Uhr. Schon nach Mitternacht und immer noch hell draußen. Ich überlege mir, eine Schlafmaske zu besorgen…