Gastbeitrag

Mit etwas Verspätung folgt hier der Gastbeitrag vom Januar. Isabelle Kluser hat das Moleskine Smart Writing Set einem Produktetest für Autoren unterzogen und teilt ihre Ergebnisse mit uns. 


Als eine Person die noch immer gerne von Hand schreibt, bin ich immer wieder mit dabei, wenn es darum geht digitale Notizbücher auszuprobieren. So habe ich Evernote, nutze diverse Cloudsysteme um Notizen abzulegen und habe schon der einen oder anderen Handschriftenerkennungssoftware die Chance gegeben. Etwas, dass diese Dinge kombiniert, ist das neue Moleskine Paper Tablet mit dem Pen+.

Ein Überblick

Das Paper Tablet agiert zusammen mit dem Stift und einer App. Alleine sind die beiden Gegenstände ziemlich unnütz, da sie zwei Technologien kombinieren.

Auf der einen Seite ist das Paper Tablet. Ein Notizbuch, welches auf den ersten Blick, wegen seinen gerundeten Kanten tatsächlich mit einem Tablet verwechselt werden kann – Ich lege es bei meinen Flugreisen schon automatisch zu den Elektronikgeräten – aber tatsächlich aus echten Papierseiten besteht.

Moleskine PaperDas Papier ist dabei etwas dicker, als man sich dies gewohnt ist und – hier kommt der Schlüssel der ganzen Sache – gepunktet. Diese Punkte sind nicht nur Zierde, sondern eine speziell entwickelte Ncoded Technologie, welche das Erkennen der relativen Position des Stiftes überhaupt möglich macht. Ausserdem erkennt die App anhand von dem Muster, auf welcher Seite man sich gerade befindet. Ein häufiger Trugschluss ist, dass dabei die gezeichneten Striche auf dem Blatt aufgenommen und übertragen werden.

Hier kommt der Stift ins Spiel. Der Strich tatsächlich ist nur für den Schreiber. Der App ist dieser Strich – größtenteils – egal. Wenn man den Stift genauer betrachtet, sieht man, dass der eingebaute Sensor keine Möglichkeit hat, den effektiven Strich zu erfassen. Stattdessen scannt der Stift das Punkte Muster auf dem Papier und rechnet sich so die Position der gezeichneten Linien auf dem Papier aus. Kombiniert mit der druckempfindlichen Spitze, weiss die App wann aufgesetzt wurde und wann nicht; damit definiert sie den Strich.

Moleskine Stift

In der App gibt es eine weitere Varianz, in der man Farben und breite der Linien einstellen kann.  Ausserdem bietet sie eine Schrifterkennung an, welche mit einer Sprache hinterlegt ist und man kann die Seiten in verschiedenen Filetypen exportieren; PNG, PDF, TXT, SVG oder einen Export in die Adobe Creative Cloud.

Daneben kann man mit dem Stift auch Sprachaufnahmen machen und alles lässt sich mit verschiedenen Diensten wie Evernote oder Google Drive synchronisieren.

Meine Erfahrung

Soweit so gut. Bei mir hiess es schnell gesehen, gekauft, probiert. Doch wie so oft mit neuen Technologie gibt es auch hier noch Kinderkrankheiten die einem den Spass an der Sache verderben können.

Es fing damit an, dass der Stift nur ein Bruchteil meiner Striche überhaupt aufzeichnete. Den wohl geläufigsten Fehler, dass man die Plastikkappe über der Spitze entfernen musste, konnte ich mir nicht anlasten lassen, dabei wäre es mir fast lieber gewesen.

Etwas frustriert probierte ich weiter aus – was man sehr schön an den ersten Seiten meine Moleskine sehen kann.

Moleskin Seite

Zwei Supportanfragen und etliche Tests später, versuchte ich in meiner Verzweiflung, die Sensitivität vom Stift auf ganz niedrig zu stellen und wieder zurück auf hoch. Siehe da, es funktionierte und endlich musste ich nicht mehr so hart aufs Papier aufsetzen, dass man die Durchschräge auf der nächsten Seite noch spüren konnte.

Mit neuem Elan folgte die nächste Testphase. Alle Tücken waren hiermit aber längst noch nicht überwunden. Denn, damit das neue System von Moleskine funktioniert, muss man einen gewissen Winkel einhalten beim Schreiben. Nichts für Leute, die ihre Stifte gerne mal auf etwas unkonventionelle Art und Weise halten. Aber auch nichts, woran man sich nicht gewöhnen könnte.

Ein weiteres Problem stellten die Lichtbedingungen dar. Aufgrund vom Punktmuster und Sensor braucht es genug beziehungsweise das richtige Licht um alle Striche sauber zu erkennen. Arbeiten im Halbdunkel ist also nicht möglich. Schnelle Notizen, weil man in der Bar gerade noch eine Idee hatte, die man nicht vergessen möchte, funktioniert zwar auf Papier, ist aber mit grosser Wahrscheinlichkeit anschiessend nicht in der App vorhanden.

Der Unterschied der Lichtverhältnisse, ist zum Teil sogar von einer Buchseite zur nächsten zu bemerkten.

So habe ich Notizen zu einem Plot Ablauf auf einer Doppelseite erfasst. Links habe ich ein nahezu makelloses Resultat erzielt, während auf der rechten Seite kaum etwas zu lesen war.

Ich stimme hierbei einigen Kollegen zu, dass es vielleicht nicht am Licht liegt, sondern das Punktemuster auf der rechten Seite fehlerhaft ist und damit die Erkennung stört.

Ein weiterer Mangel für mich, ist die Handschrifterkennung. Zwar meine ich eine Verbesserung, sprich eine Lernfähigkeit, des Programms zu merken. Allerdings gibt es nur eine Transcript-Funktion. Eine Korrektur von dem was erkannt wird, ist nicht möglich. Damit kann ich das Programm beim Lernen auch nicht unterstützen. Auch ein eigener Wortschatz lässt sich nicht anlegen. Als Fantasy Autor werden also alle ausgedachten Begriffe, Namen und Orte regelmäßig in andere Wörter übersetzt oder enden in noch kryptischeren Konstellationen. Hinzukommt, dass ich keine Seiten zusammenfassen kann und als Ganzes versenden oder zu übersetzen. Ich bin also gezwungen jede Seite einzeln zu transkribieren und anschließend wieder zu einem File zusammenzufügen.

Das Fazit

Mein Fazit daher ist, dass es für viele Zwecke noch nicht ausgereift genug ist.

Der Ansatz ist interessant und hat sicher ein gewisses Potential. Ausserdem haben wir hier die Möglichkeit effektiv auf Papier zu schreiben und zu übertragen, ohne ein Foto davon machen zu müssen.

Die Nachteile überwiegen allerdings deutlich.

Als reines Notizbuch scheint der Umfang so zu reichen. Will ich aber eine Kurzgeschichte schreiben, so ist der Aufwand zum Schluss kleiner sie von Hand abzuschreiben, denn sie aus dem Programm heraus zusammenzustückeln und alle Fehler zu korrigieren.

Auch als Skizzenbuch hat es nicht überzeugt, da nicht immer alle Linien erfasst werden. Das wiederum endet damit, dass auf Papier tausend Linien gezogen wurden, damit man ein einigermassen akkurates Ergebnis in der App sieht – wenn es denn so klappt. Wahrscheinlicher ist, dass man am Schluss doch ein Foto macht. Denn je mehr Linien bereits auf dem Blatt liegen, desto schwieriger die Erkennung des Punktmusters; sprich keine Erkennung der Striche.

Moleskine Skizzen

Und nicht zuletzt ist der Preis für das Ergebnis doch sehr stattlich.

Nichts desto trotz werde ich auch in Zukunft gerne neue Technologien ausprobieren und warte weiter auf das Notizbuch, das meine Handschrift lesen kann, meine Skizzen speichert und dabei keine Probleme hat, wenn ich das im Halbdunkeln mache.


Isabelle Kluser ist eigentlich Informatikerin, hat aber schon seit je her Geschichten verfasst und liebt es sich Welten auszudenken. 

Digitale Notizbücher: Moleskine – von Isabelle Kluser
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